Resonanzfelder

In menschlichen Gemeinschaften existieren Resonanzfelder. Dies sind Bereiche, wo zu bestimmten Themen eine gewisse Übereinstimmung herrscht. In einer Stadt beispielsweise findet eine Bürgerinitiative viel / wenig Unterstützung für einen Windpark oder eine Umgehungsstraße. In welcher Richtung das Pendel ausschlägt (Unterstützung oder nicht) ist abhängig von der Resonanz, welche dieses Thema zu dieser Zeit in dieser Gruppe auslöst. Jeder kennt solche Effekte aus eigener Erfahrung. Es kann im Verein, in der Gemeinde, Im Bundesland oder in der Bundespolitik sein, dass Themen auf- oder absteigen.

Es gibt also so etwas wie eine Resonanzfähigkeit, die verschiedenen Faktoren bestimmt wird. Eine wichtige Rolle spielen dabei aktuell akzeptierte Werte und übergeordnete Erzählungen („Das Klima kippt wegen der Menschen“, „die Sozialsysteme nähern sich dem Untergang“, „Zuwanderung ist gut / problematisch“). Je nachdem, welche Erzählung geglaubt wird, entstehen andere Resonanzräume. Die größte Macht zur Gestaltung und Gewichtung dieser Erzählungen haben die Medien und dann die Politik. In dieser Reihenfolge. Wie sich in den letzten Jahren gezeigt hat, ist diese Macht jedoch nicht absolut. Die bekanntesten Beispiele dafür sind die Wahl Donald Trumps, die ein Sperrfeuer von ca. 85% aller US-Medien nicht verhindern konnte, sowie der Brexit, wo ähnliches zu beobachten war. In Deutschland war es zum Beispiel die Erzählung der „Seenotrettung von Flüchtlingen“, die trotz ca. 90-prozentiger Medienunterstützung von vielen nicht geglaubt wird.

Hier tritt ein sehr interessanter Effekt zu Tage: die umgekehrte Resonanz, die bei einem Teil der Menschen einsetzt. Sie hält das Gegenteil dessen, was vermittelt wird, für wahr. Wie kann so etwas geschehen? Welche rätselhafte Kraft steckt hier dahinter? Tatsächlich klingt es ein wenig dubios: es ist die sogenannte kognitive Dissonanz. Ein schwieriges Wort, doch jeder kennt den Effekt. Es beschreibt die Erfahrung, dass eine Nachricht, eine Darstellung, im Widerspruch zum eigenen Erleben, zur eigenen Erfahrung steht. Es bedeutet, dass das, was erzählt wird, nicht geglaubt werden kann. Bei dieser Erkenntnis stellt sich für viele im Anschluss die Frage, weshalb offensichtlich unglaubwürdige „Narrative“ (Nachrichten, Erzählungen, Berichte) verbreitet werden, und weiter, wer daran ein Interesse haben könnte.

Interessanterweise entsteht genau hier auch wieder Resonanz, die allerdings anders gerichtet ist. Sie geht in Schwingung mit Erklärungsversuchen oder Aktionen, die dazu dienen können, dieses innere Unwohlsein (eben die kognitive Dissonanz) zu beseitigen.  Damit erzeugt der Verstand ein sehr gesundes Verhalten: er ist bestrebt, eine Welterklärung zu finden, welche mit der eigenen Welterfahrung im Einklang ist. Gelingt dies, so entsteht Resonanz mit oft neuen Erkenntnissen oder Menschen.

Die aktuelle Krise, die vordergründig von einem Virus ausgelöst wurde, ist ein Paradebeispiel für diese Entwicklung. Die kognitive Dissonanz entsteht hier nicht auf Grund des Virus, sondern der verordneten Maßnahmen und zugehörigen Erklärungen. Das verbreitete Narrativ, das seit über einem Jahr Angst und Panik schürt, wird millionenfach nicht (mehr) geglaubt. Unzählige Menschen machten und machen die Erfahrung, dass das, was sie in ihrer persönlichen Umgebung erleben, etwas anderes ist, als was Politik und Medien verbreiten. Krankenhäuser melden Kurzarbeit an, Tests sind falsch positiv, unsinnige Maßnahmen werden mit ungekannter Härte durchgesetzt, Grundrechte-Demos werden mit Gewalt aufgelöst und vieles andere. Noch nie zuvor in der Bundesrepublik machten so viele Menschen in so kurzer Zeit die Erfahrung, dass die Medien extrem einseitig berichten, ja sogar vollkommen offen übertreiben, offenkundig eine Absicht verfolgen. Nämlich Angst zu verbreiten und zu erhalten.

Daraus ist ein sehr großes Resonanzfeld entstanden, das Menschen vereint, die bisher wenig bis gar nichts miteinander zu tun hatten: Freiheitsaktivisten, Impfgegner, Polizisten, Krankenschwestern und Ärzte, einige wenige Journalisten, Kneipenbesitzer und Hoteliers, Künstler aller Art, Messebauer, Reisebüros u.v.m. …

Resonanzpotenzial kann entweder schlummern oder sich freisetzen. Den Unterschied machen die Relevanz fürs eigene Leben sowie die emotionale Aufgeladenheit: von leicht empört über fuchsteufelswild bis existenziell am Abgrund. Herrscht ein hohes Aktivierungspotenzial, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich freisetzen möchte – und wird.

Die spannende Frage lautet: wie wird aus dem Potenzial reales Handeln? Dazu braucht es zweierlei: zunächst Kristallisationskeime.

Dies sind Ideen, Menschen, Bewegungen oder Verhaltensmuster, die dem Resonanzfeld Anknüpfungspunkte bieten können. Sie bieten die Möglichkeit, sich anzuschließen, sich wiederzufinden, Neues zu wagen oder wirklich aktiv zu werden. Doch das allein genügt noch nicht, denn groß wäre die Gefahr einer raschen Verpuffung: ein Strohfeuer der Aktivität, das mit der ich-habe-es-versucht-man-kann-eh-nichts-ändern-Enttäuschung schnell beendet ist. Resonanz bedeutet aber immer auch Schwingung. In einer schwingenden, lebendigen Verbindung mit der Welt zu sein, wie es der Soziologe Hartmut Rosa beschreibt. Man kann kurzzeitig wie wild schwingen oder lange und konstant. Wie eine Klangschale, die ausdauernd, kraftvoll und harmonisch tönt, andere mit ihrem Klang mitnimmt. Diese Resonanz schafft kein Strohfeuer, sondern anhaltende Energie für Verbindung und Veränderung.

Deshalb muss zu den Kristallisationskeimen noch etwas hinzukommen. Nennen wir es Feldlinien (oder Attraktoren). Wer je gesehen hat, wie ein Magnet Eisenspäne in seinem Feld aufreiht, der kann sich vorstellen, was Feldlinien bewirken können: gemeinsame Ausrichtung. Ein Magnet stößt die Teilchen nicht ab, er ordnet sie, zieht sie an. Auch Resonanz stößt nicht ab, sondern versetzt in koordinierte Bewegung. Sie geht nicht in den Widerstand, in eine Art von „Gegenresonanz“, sondern schafft ihren eigenen Raum.

Mindestens ein Drittel der Menschen in unserem Land sind mit den Maßnahmen nicht (mehr) einverstanden. Das ist mehr, als die CDU/CSU bei der letzten Bundestagswahl an Stimmen erhielt (32,9% bei einer Wahlbeteiligung von 76,2% ergibt 25 Prozent, exakt ein Viertel der Wahlberechtigten). Die Gruppe derer, die dieses neue Resonanzfeld bilden, ist damit größer, als die größte Wählergruppe überhaupt.

Noch weiß keiner genau, wer und was die erfolgreichen Kristallisationskeime und die starken Feldlinien sein werden. Aber sicher ist, dass es sie geben wird. Denn ein derart kräftiges Feld gab es schon lange nicht mehr.

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